Kleverhof in der Corona Zeit März / April
Tägliche Desinfikationen, Abstand, Zugangsbeschränkungen, Veranstaltungsabsagen, Beurlaubungen und Schliessungen von verschiedenen Hofsparten. Das machen wir alles um eine schnelle Verbreitung von Corona zu verhindern.
„Na, ihr verdient nun auch recht viel im Hofladen zur Zeit, nicht wahr?“ Das fragen uns einige Kunden.
Stimmt so leider nicht. Es wird an einigen Tagen mehr gekauft. An anderen Tagen haben wir normalen Kundenverkehr. Dadurch kommt es bei einigen Artikeln zu Lieferschwierigkeiten. Wenn mehrere Autos auf dem Parkplatz stehen, fahren viele Kunden einfach vorbei. Damit es im Laden nicht zu voll wird, hängen wir, besonders an Samstagen, ein Schild vor die Tür. Erst wenn ein Kunde den Laden verläßt kann der Nächste herein. Auch hier bemerken wir, dass einige Kunden wieder umdrehen und wegfahren. Viele unserer älteren Kunden kommen nicht mehr. Das Café ist geschlossen, die Touristen zur Jungpflanzenzeit bleiben aus. Die geplanten Veranstaltungen im Frühjahr wurden alle gestrichen. Busgruppen zur Jungpflanzenzeit ebenso wie Rabatte zur Jungpflanzenzeit. Nur EIN Kunde im Jungpflanzenhaus, keine Beratung… Das Jungpflanzenhaus ist halt extrem dämlich gebaut. Auch die Jungpflanzenkäufer von Ausserhalb kommen wahrscheinlich nicht oder weniger. Einige Betriebsmittel sind bis zu 200% im Preis gestiegen, unsere Lebensmittel nicht ansatzweise so hoch. Im Schnitt verdienen wir leider sehr viel weniger. Finanzielle Hilfen können wir aber aus diesen Gründen nicht beantragen. Es gibt Betriebe, die sind mehr darauf angewiesen, schließlich ist der Hofladen noch geöffnet.
Ein Bekannter von mir ist Veranstalter, ein Anderer leitet ein Restaurant, eine gute Freundin ist Stewardess. Die trifft es wesentlich härter.
Aber es ist auch für uns schwieriger als für die meisten anderen Betriebe. Hier nun eine umfassende Information von einem Demeter Betrieb in der Corona Krise.
Wir betreiben drei „Systemrelevante“ Betriebe : Lebensmittelhandel, Lebensmittelanbau und Post. Dazu noch einige „Nicht Systemrelevante“ Betriebe wie Café, Onlineshop etc. Wir dürfen den Laden nicht einfach schliessen, wir müssen durchhalten bis zum Letzten!

Lebensmittelhandel
In unserem derzeitigen Hofladen ist es nicht möglich einen Glas- oder Plexiglas-Schutz für uns und unsere Kunden zu installieren. Wir würden gerne Schutzmasken am Eingang verteilen oder Desinfekationsmittel für die Hände für alle Kunden und für uns zur freien Verfügung bereit stellen. Gibt’s aber nicht. Mein Musiker-Kollege kam mit einem Mundschutz. Er ist Zahnarzt. Und er hat auch einen tollen Tipp: Diesen Einweg-Mundschutz trocknet er abends über dem Ofen. Dann ist er wieder Keimfrei und kann erneut benutzt werden ツ So hat er in dieser Zeit immer einen guten Vorrat. Wir versuchen erst gar nicht an diese Artikel zu kommen, sie sollten erst bei dem Krankenhauspersonal und den Ärzten ausreichend vorhanden sein.
Wir helfen uns also erst einmal mit täglicher Desinfikation, Abstand und Zugangsbeschränkungen. Wir, mein Zahnarzt-Kumpel und ich, sind uns einig: Wenn einer den Virus bekommt, sind es die Zahnärzte und die Lebensmitteleinzelhandelsverkäufer ツ Was Ansteckung angeht, gehöre ich also zur einer Risikogruppe…
Unsere Kunden sind aber auch sehr viel toleranter in dieser Zeit. Wenn mal ein Regal leer ist wird nicht gleich gemeckert. Auch nicht wenn es mal etwas länger dauert. Wir bekommen jeden Tag von unseren Kunden positive Rückmeldungen, sie freuen sich, das es uns gibt. Vielen Dank dafür.
Wir bieten unseren älteren Kunden einen kleinen Bestellservice. Wir packen die Waren schon mal vorher ein damit es schneller geht. Viele unserer Stammkunden kennen unser Sortiment. Sie holen es dann selbst ab oder schicken jemanden vorbei. Leider nicht immer zu den verabredeten Zeiten. Dann entsorgen wir mal das Gemüse… O.K… Dafür leisten wir einen sozialen Beitrag um die Pandemie etwas zu verlangsamen. Dann dauernd Nachbestellungen, glauben die Kunden wir drehen hier Däumchen? Zwischendurch die Ladenkunden. Das ist für uns auch ein richtig grosser, zeitlicher Mehraufwand.
Gestern hatten wir über 100 Anrufe! Normalerweise bekommen wir drei oder vier Anrufe am Tag. Die Fragen sind super: „Haben Sie Hefe?“, „Gibt es Klopapier?“, „Ist der Laden geöffnet?“, „Ist mein Paket da?“, „Notieren Sie meine Bestellung!“, usw… Kaum zu schaffen. Wir bleiben freundlich am Telefon, am liebsten würden wir den Hörer manchmal beiseite legen. Beim Discounter kannst du übrigens nicht anrufen! Unsere Internetseite informiert alle Kunden aktuell über die Lage. Wir haben sie Anfang des Jahres komplett neu aufgesetzt. Du findest die Monatsangobote, dazu Rezepte. Einmal die Woche Aktuelles. Komisch, die rufen trotzdem an.
Wenn schönes Wetter ist, kommen die Ausflügler. Keine großen Gruppen. Familien. Familien mit Kindern. Normalerweise freuen wir uns aber zur Zeit ist der Kleverhof kein Ausflugsziel. Wie alle anderen Höfe auch. Wir hängen dann schnell das Schild mit den Zugangsbeschränkungen raus.
Lebensmittelanbau
Zur Zeit haben wir alle selbstständigen Helfer in eine Pause geschickt. Hochrisikoguppe! Wir möchten hier keine Verantwortung übernehmen. Das bedeutet für uns: Doppelt soviel Arbeit. Ich bekam eine eMail von der Lehrerin meines Sohnes: Bitte schicken Sie mir die Hausaufgaben Ihres Sohnes per eMail. Ich habe noch nicht geantwortet. Meine Kinder arbeiten bei Bedarf in der Gärtnerei. Sie lernen wie Tomaten behandelt werden, wie wir mit der Natur umgehen. Was soll ich ihr sagen? Natürlich kann ich meine Kinder in Mathe unterrichten, ich hab’s studiert. Leider fehlt mir die Zeit. Ich liebe meine Kinder. Für die Familie ist es besser, einfach mal nicht zu meckern, einfach mal sagen: „Hey, spielt doch miteinander etwas! Tobt euch auf dem Grundstück aus.“ Ein grosses Freizeit Areal für unsere Kinder. Und wenn sie am Computer zocken… Ist auch O.K.
Der Lebensmittelanbau in unserer Gärtnerei ist zur Zeit die Aussaat und die Jungpflanzenpflege. Die Pflanzenmärkte sind vielerorts geschlossen. Bei uns kannst du Jungpflanzen jedoch bekommen. Dafür gibt es besondere, gesetzliche Regelungen. Dafür leisten wir auch unseren sozialen Beitrag! Ich kann nur hoffen, dass viele Kunden unsere Jungpflanzen kaufen und wir sie nicht in 8 Wochen kompostieren müssen ツ

Post
Ich glaube, der Online-Handel legt in dieser Zeit zu. Wir merken es allerdings nicht. Sind ja alle Zuhause. Das Postgeschäft läuft also wie immer. Bei der Post steigt allerdings der Stresspegel. An dieser Stelle meine Bitte an die Postkunden: Folgt unseren Anweisungen! Für Beschwerden nehmt die Posthotline (0228-4333112), wir können und dürfen da gar nicht helfen.
Hier zwei Beispiele:
Vorgestern eine Kundin mit Kind. Das Paket nicht da, kommt erst morgen, steht auch in der Mail die sie bekommen hat. Fast eine Viertel Stunde hat die gejammert und gemeckert. Die Zusteller haben es nicht ausgeliefert obwohl jemand zuhause war. Zum Glück war kein anderer Kunde im Laden, meckern wenn andere Kunden im Laden akzeptieren wir nicht. So haben wir einen kostenlosen Seelsorge-Dienst übernommen.
Liebe Postkunden, wir bieten euch einen tollen Service! Großer Parkplatz, lange Öffnungszeiten ツ Warum gibt es hier immer noch einige, wenige Postkunden die meckern? Gerade in dieser Zeit. Ist für mich kaum nachvollziehbar. Die Zusteller haben meinen vollen Respekt! Was die leisten ist einfach genial.
Heute ein Kunde. Stellt sich mit dem Paket direkt an den Postschalter. Ich bitte ihn nochmal kurz im Vorraum zu warten. Der Laden war voll, er war noch nicht an der Reihe. Ich hatte noch eine Postkundin vor ihm. Nachdem ich mich dreimal wiederholt habe und er immer noch da stand und rumgemeckert hat, hab ich ihn etwas etwas energischer rausgeschmissen. Da kommt noch eine Beleidigung von der Tür. Wenn ich den das nächste Mal sehe, spreche ich den ersten Hofverweis aus, unglaublich was man sich alles gefallen lassen muss.
Dieses Gemecker kenne ich aus dem Bioladen so einfach nicht. Vielleicht schreiben mir die unfreundlichen Postkunden ja mal in die Kommentarzeile warum sie sich bei mir „auskotzen“ ツ Vielleicht brauchen die ewigen Nörgler auch einen Menschen, an dem sie Frust ablassen können. Siehe Blog 13.02.20 „Kampf der Pakete“ Wenn das so ist… Bitte nicht bei uns!
Auch gibt es immer noch die Postkunden, die einmal die Woche kommen um einen Brief mit 80 Cent von uns frankieren zu lassen. Ist Corona-Zeit! Holt euch bitte ein Heft mit 10 Marken und steckt die Briefe in unseren öffentlichen Briefkasten! Wäre sinnvoll.

Nicht Systemrelevant
Beim Kleverhof Online-Shop merken wir eine Steigerung. Diese ist aber schon seit mehreren Jahren spürbar. Unser Shop hat sich auf seltenes Tomaten-Saatgut spezialisiert. Wir bieten in 2020 etwa 600 verschiedene Tomatensorten an. Ich habe schon viele Händler gesehen, die mehr Sorten anbieten. Allerdings ist dort die Lieferfähigkeit stark eingeschränkt ツ Ich kann mir gut vorstellen, dass wir mit sofort verfügbaren Tomatensaatgut weltweit die Nr.1 sind.
Komisch an dieser Stelle ist: Es kommt nur selten ein Kunde aus den umliegenden Städten und Dörfern wegen Saatgut zu uns. Hier gibt es auch ein Sprichwort (aus der Bibel): Der Prophet ist im eigenen Land nichts wert.
Na wenigstens sind die frischen, unterschiedlichen Tomatensorten in der Saison heiss begehrt. Da greift kaum noch eine/er zu den runden Roten ツ

Das Kleverhof Museum ist geschlossen, die Gärtnerei und die Gewächshäuser für Kunden auch. Ist auch beides eher zur Vergnügung und kostenlos.
Das Café ist geschlossen, wie oben schon erwähnt. Hier fällt uns eine sehr wichtige Einnahmequelle weg. Kuchen ausser Haus und Kaffee to Go haben wir schon vorher angeboten. Es ist halt eine Lücke, die nicht von den Einnahmen im Hofladen gedeckt werden kann. Ach ja! Sind die Hamsterkäufe (bei uns eher sehr verhalten) im Hofladen wirklich ein toller Gewinn? Nun, die Vorräte der Kunden werden unweigerlich zu einem Rückgang der Käufe in der Zukunft führen. Ich denke, es ist nur eine Verlagerung. Wir werden nach der Krise weniger verkaufen, die Vorräte müssen erst gegessen werden. Warten wir mal ab.
Die wirklichen Gewinner sind wohl eher Supermärkte & Drogerien, einige Online Platformen und Online Dienste (Amazon wird sicherlich profitieren, ging auch schon durch die Presse), Lebensmittel-Lieferdienste und alle Unternehmen die für die Pandemie entsprechende Schutzausrüstungen produzieren und verkaufen. Leider nicht wir.
Ich wünsche allen Menschen, allen Kunden von uns, meinen Freunden & Bekannten und natürlich auch unseren Familien und uns, dass wir alle diese Zeit unbeschadet überstehen. Wir verabschieden uns im Laden normalerweise mit einem norddeutschen „Tschüss“. Ist kurz. Viel reden tun wir nicht. Seit einigen Wochen ist es eher: „Bleibt gesund!“
Vielen Dank, dass du diese Zeilen gelesen hast.
Bleib Gesund!